- 0 Kommentare
- Weitere
Letztes Geleit
Keine Umarmung am Grab - so laufen Bestattungen in der Corona-Krise
- vonCarola Wagnerschließen
In Corona-Zeiten sind die Möglichkeiten zum Abschiednehmen von Verstorbenen eingeschränkt. Des Toten beim gemeinsamen Kaffeetrinken gedenken? Das geht: nicht live, aber online.
Als Friede und Manfred Kohtz am vergangenen Samstag auf dem Waldfriedhof zu Grabe getragen wurden, war nur der Familienkreis zugegen. Zu „normalen“ Zeiten wäre das sicher anders gewesen, da hätten zahlreiche Weggefährten den bekannten und beliebten evangelischen Pfarrer und seine Ehefrau auf ihrem Weg zur letzten Ruhe begleitet. Doch die beiden starben im Abstand weniger Tage im Dezember während des Corona-Lockdowns. Und so waren weder ein großer Abschiedsgottesdienst noch ein langer Trauerzug gestattet.
Es gab nur eine Trauerfeier mit begrenzter Teilnehmerzahl in der Erlöserkirche, und nach der Beisetzung musste der übliche Beerdigungskaffee ausfallen. Ganz verzichten wollten die Hinterbliebenen auf den Austausch ihrer Erinnerungen an die Verstorbenen nicht. „Alle haben sich nach der Beisetzung zuhause mit Streuselkuchen und belegten Brötchen an ihre Computer gesetzt, und so haben wir gemeinsam ein Online-Kaffeetrinken gemacht“, erzählt Tochter Christiane Slowinski. Es wurden Geschichten von früher erzählt und alte Fotos in die Kamera gehalten – ganz so, wie es bei solchen Beisammensein üblich ist, nur eben via Internet. „Es war gut so und besser als gar nichts“, sagt die Tochter.
30 Trauergäste unter freiem Himmel gestattet
Sie hat im ersten Corona-Lockdown die Bestattung ihrer Schwiegermutter mit weit strengeren Einschränkungen erlebt: „Da waren keinerlei Gedenkfeiern in geschlossenen Räumen erlaubt. Zehn Leute durften dem Sarg folgen – das war alles.“
Solche tristen Beerdigungen hat Christiane Köller im Frühjahr erlebt. Sie ist froh, dass nun wenigstens die Familie angemessen Abschied nehmen darf. Beschränkte Zahlen bergen Konfliktpotenzial: „Bei zehn Leuten musste man auswählen, welche Angehörigen kommen dürfen.“
Heute sind in Herten laut Stadtsprecherin Corina Plötz 30 Trauergäste unter freiem Himmel gestattet. Der Mindestabstand von 1,5 Metern müsse stets gewahrt und ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Für die Totenfeier gilt eine Begrenzung von 100 Personen in großen Kirchen wie St. Antonius und 50 Personen beispielsweise in der Erlöserkirche oder in der Distelner Friedenskirche.
Singen ist im Moment nicht gestattet
In die Trauerhallen auf den städtischen Friedhöfen in Westerholt, Langenbochum und Süd (Waldfriedhof) dürfen jeweils 25 Personen. „Die Stühle stehen versetzt, niemand darf stehen und alle müssen drinnen wie draußen Masken tragen“, berichtet Christiane Köller. Eine weitere Einschränkung, die viele als traurig empfinden: Es darf nicht gesungen werden. Auch Umarmungen und das Händeschütteln beim Kondolieren müssen unterbleiben.
Die Bestatterin hat es im jetzt immer öfter mit Corona-Toten zu tun. „Gerade haben wir drei neue Sterbefälle – alle im Zusammenhang mit dem Virus“, berichtet sie. Während Verstorbene, die nicht mit Corona infiziert waren, in Herten weiterhin im offenen Sarg aufgebahrt werden können, ist dies bei positiv getesteten Toten nicht möglich. Das ist oft schwer für die Angehörigen. Christiane Slowinski, deren Eltern ebenfalls mit dem Virus verstarben, fand etwas anderes noch viel tragischer: „Den Sterbenden in ihrer letzten Stunde nicht beistehen zu können, ist sehr traurig.“
Rubriklistenbild: © Carola Wagner